Organisationskultur im Reggio-Emilia-Ansatz
Der Reggio-Emilia-Ansatz bietet viele Antworten – auch auf den gegenwärtigen Fachkräftemangel. Die Lehrbeauftragten Katalin Farkas und Christian Johannsmann loten aus, wie die Organisationskultur des Reggio-Emilia-Ansatzes durch Reflexion und Dokumentation zu Orientierung und Wohlbefinden im Team führt.
Seit Jahren faszinieren uns die Projektarbeiten und Dokumentationen im Reggio-Emilia-Ansatz (REA) zur Förderung der Kinder in der Entwicklung ihrer 100 Sprachen und ihres Zusammenlebens. Während unserer Studienaufenthalte in den kommunalen Einrichtungen in und um Reggio Emilia fiel uns auf, dass die beeindruckende pädagogische Qualität erreicht wird, obwohl die Personalkapazitäten nicht besser sind als bei uns. Gerade in Zeiten, in denen der Aspekt des Wohlbefindens – der Kinder wie der pädagogischen Fachkräfte – neu zu verhandeln ist, scheint es mehr als sinnvoll, Beispiele zu finden, in denen dieses in besonderem Maße gefördert und erhalten wird. Mögliche Antworten sehen wir in der Organisationskultur der kommunalen Einrichtungen für frühkindliche Bildung in und um die italienische Kommune Reggio Emilia.
Nicht mehr, sondern anders
Organisationskultur fasst zusammen, wie pädagogische Rollen konzipiert sind, wie Teams zusammenarbeiten und welche Ziele verfolgt werden. Diese Aspekte stehen in pädagogischen Konzepten gewöhnlich nicht im Vordergrund, und doch spielen sie – wir sind sicher, dass uns viele Kita-Teams diesbezüglich beipflichten – eine entscheidende Rolle für die pädagogische Praxis und ebenso für das Wohlbefinden aller Beteiligten. Schaut man dies im REA an, fallen uns folgende deren Organisationskultur kennzeichnende Aspekte auf:
- Die Atelierista, die den künstlerischen Ausdruck als eine der 100 Sprachen der Kinder fördert.
- Die Pedagogista, die die Fachkräfte begleitend und reflektierend coacht.
- Die Dokumentation von Lernprozessen der Kinder oder auch des Teams – sogar an öffentlich zugänglichen Orten, wie z.B. im Eingangsbereich der Einrichtung oder an der Außenfassade.
Die Atelierista: Künstlerin im Team
Die kommunalen Einrichtungen in Reggio Emilia sind bekannt für ihre wunderschönen und anregenden Ateliers, in denen ein:e Atelierista mit den Kindern zusammenarbeitet. Die Räume der zumeist studierten Künstler:innen oder Kunstpädagog:innen erinnern eher an Labore oder Werkstätten als an Ateliers, wie wir sie uns üblicherweise vorstellen. Kein Atelier gleicht dem anderen, jedes lebt von der Person der Atelierista und den Interessen der Kinder. Die Atelierista kennt eine Vielzahl an Material und Techniken, und sie weiß, welchen Frei-Raum kreative Prozesse brauchen. Eine der bekanntesten Atelierista ist Vea Vecchi. In einem Interview beschreibt sie den Ausdruck von Gedanken und Gefühlen im weitesten Sinne als künstlerische Arbeit mit dem Ziel, die Kinder in sich und in ihren Beziehungen zu stärken. Innerhalb des Teams hat die Atelierista eine gewisse Autonomie, sie steht aber in ständigem Austausch mit den Fachkräften über die Interessen und Ausdrucksformen der Kinder. Damit schafft sie Anlässe, das Lernen der Kinder zu reflektieren und verstehen zu lernen. Insofern fungiert sie als eine Beraterin des Teams.
Katalin Farkas und Christian Johannsmann sind Lehrbeauftragte im Studiengang Frühkindliche inklusive Bildung der Hochschule Fulda. Katalin Farkas kommt ursprünglich aus dem Bereich des Service Management. Christian Johannsmann ist im Fort- und Weiterbildungsbereich bei der aim Akademie in Heilbronn tätig.
Kontakt
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 11-12/2023 lesen.